Bei der Regeneration von Geweben sind deren Wundheilungsphasen zu beachten. Das Berücksichtigen dieser Phase entscheidet, ob das heilende Gewebe eher mit normalem Gewebe ausheilt oder ob sich ein Narbengewebe bildet, welches in der Funktion stark eingeschränkt ist oder für weitere Einschränkungen sorgen kann.

Jedes Gewebe durchläuft die drei typischen Phasen der Wundheilung. Diese bestehen aus Entzündungs-, Proliferations- und Umbauphase. In jeder dieser Phasen richtet der Organismus sein Hauptmerkmal auf bestimmte Ziele, welche bei der Behandlung berücksichtigt werden müssen.

Entzündungsphase

Die Entzündungsphase kann man in zwei Phasen unterteilen. In die vaskuläre (1.-2. Tag) und zelluläre Phase (3.-5)Tag.

Die gesamte Entzündungsphase steht im Zeichen der Entlastung und Immobilisation. Der Schmerz limitiert jede Bewegung. Diese Grenzen müssen unbedingt eingehalten werden, da sonst der gesamte weitere Verlauf der Wundheilung gestört wird!

Vaskuläre Phase

Hauptziel der vaskulären Phase ist es die Blutung zu stoppen und das Gefäßsystem zu reparieren. In dieser Phase machen Eisapplikation Sinn, da sie die Blutstillung unterstützen. Diese sollten aber deutlich über dem Gefrierpunkt (zwischen 5 – 15°C) erfolgen, um das Lymphsystem und Nervenbahnen nicht zu schädigen. Im späteren Verlauf ist (ab 3. Tag) von Eis abzuraten, da es den Heilungsverlauf behindern würde.

Nach und nach wandern Makrophagen in das Gewebe ein, um das geschädigte Gewebe abzubauen und um den Fibroblasten zu signalisieren, wo diese zu arbeiten habe. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt beginnt die Synthese (Aufbau) von Kollagen, in Form von Typ III Fasern, welche die Vorstufe zum spezifischen und reisfesten Typ I Kollagen sind. Der Verschluss der Wundränder über dieses ungeordnete Bindegewebe ist nun das Ziel.

Zelluläre Phase

Nach 2 Tagen geht die vaskuläre in die zelluläre Phase über. Typisch für diese Phase sind die typischen Entzündungszeichen Rötung, Erwärmung, Schwellung, Schmerz und Funktionseinschränkung. Diese Entzündung sollte auf keinen Fall unterdrückt werden, da sie die Grundlage für die Narbenfreie Heilung darstellt. Die Makrophagen fressen den Rest des zerstörten Gewebes und markieren die zu reparierenden Stellen. Damit dieser Vorgang reibungslos abläuft, muss das Gewebe im sogenannten Matrixbelastungsbereich bewegt, werden, damit die Makrophagen das defekte Gewebe erkennen. Durch Bewegen im schmerzfreien Bereich wird dies erreicht.

Proliferationsphase

Die Proliferationsphase, welche ca. 21. Tage andauert, ist die wichtigste Phase der Wundheilung, denn jetzt ist die Kollagensynthese am höchsten und die Grundlage für das spätere feste Gewebe wird gelegt. In dieser Phase ist der Bedarf an Sauerstoff und Nährstoffen besonders hoch, deshalb stehen Maßnahmen, welche den Kreislauf und die Durchblutung anregen, im Vordergrund. Desweiteren kommen den Belastungen bis an die Schmerzgrenze (Matrixbelastungsbereich) große Bedeutung zu. Hier werden dem immer noch ungeordnetem Bindegewebe, das wenig elastisch und belastbar ist, die nötigen Reize zur Ausrichtung gegeben.

Der Schmerz sollte nicht durch Medikamente unterdrückt werden, denn dieser ist zum Eigenschutz gewollt. Durch die Freisetzung von Entzündungs- und Schmerzmediatoren schützt der Körper das heilende Gewebe vor zu hohen Belastungen.

Da spätere Bewegungseinschränkungen nicht auf strukturelle Veränderungen in der Proliferationsphase zurückzuführen sind, sollte zum Schutz des heilenden Gewebes in dieser Phase unbedingt von intensiven Mobilisationsübungen abgesehen werden. Dosierte Bewegungen vermitteln dem Gewebe alle wichtigen Informationen zur Regeneration des Gewebes.

Umbauphase

Ab ca. dem 21. Tag beginnt  die Umbauphase, in der sich die Fasern stabilisieren, organisieren und dicker werden. Das Kollagen Typ III wird zu Typ I umgewandelt und erhält somit seine spezifische Belastbarkeit.

Es stehen weiterhin durchblutungssteigernde Maßnahmen, welche den Zellen den Baustoff liefern sollen, im Vordergrund.

Hinzu kommt jetzt die forcierte Belastung im Matrixbelastungsbereich. Die Bewegungen und Übungen sollten zunehmend mechanisch funktionaler werden und die Intensität sollte gesteigert werden. Die Zielleistung des Verletzten gibt nun die Richtung vor.

Die Medizinische Trainingstherapie (MTT) rückt hiermit in den Fokus. Die Betroffene Struktur soll durch spezifische Reize an die Belastungsstruktur, welche in der Sportart oder im Beruf bzw. im Alltag entstehen, vorbereitet werden.

Da die Turn-Over Zeit bis zu 300-500 Tage dauert muss eine langfriste Rehabilitation durchgeführt werden. Nur durch ständig wiederkehrende funktionelle Reize kann sich das Gewebe regenerieren und zu seiner ursprünglichen Festigkeit sowie Elastizität zurück finden.

Quellen:

Van den Berg, Frans. (2003). Angewandte Physiologie: Das Bindegewebe des Bewegungsapparates verstehen und beeinflussen (2. Auflage). Stuttgart: Georg Thieme Verlag.

Streck, U., Focke, J., Klimpel, L., Noack, D.-W. (2006). Manuelle Therapie und komplexe Rehabilitation: Band 1.  Heidelberg: Springer Medizin Verlag